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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 01.12.2004


Großplakatkampagne gegen Gewalt an Frauen
Julia Richter

Unter dem Motto "Sehen Sie fern, aber nicht weg!" wollen prominente Tatort-Schauspieler gemeinsam mit der BIG-Hotline Zeichen setzen im Kampf gegen häusliche Gewalt




Am 25. November 2004 präsentierte die Big Hotline gemeinsam mit der Staatssekretärin für Frauen, Susanne Ahlers, und den vier männlichen "Tatort"-Kommissaren Boris Aljinovic, Andreas Hoppe, Peter Sodann und Mehdi Moinzadeh eine neue Kampagne, die das Bewusstsein dafür wecken und stärken soll, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder im privaten Umfeld nicht tabuisiert und totgeschwiegen werden darf, sondern aktiv bekämpft werden muss. Gleichzeitig soll die Big Hotline bekannter gemacht werden, um noch mehr betroffene Frauen und ihre Kinder auf die Möglichkeit von Hilfe und Unterstützung aufmerksam zumachen.

Motive der Kampagne sind Portraits der "Tatort-Kommissare" Dietmar Bär, Klaus J. Behrend, Miroslaw Nemec, Boris Aljinovic, Andreas Hoppe, Peter Sodann, Mehdi Moinzadeh. Die sechs verschiedenen Plakate wurden von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin finanziert.

Staatssekretärin Susanne Ahlers dazu: "Das Motto der Kampagne "Sehen Sie fern - aber nicht weg!" steht dafür, dass wir bei häuslicher Gewalt alle gefordert sind. Am häufigsten widerfährt Frauen Gewalt im vermeintlich sicheren, privaten Umfeld. So schockierend das ist - wir dürfen nicht die Augen davor verschließen. Die Kampagne wird dazu beitragen, dass mehr betroffene Frauen und Kinder als bisher vom Angebot der BIG - HOTLINE erfahren und Hilfe erhalten. Ich freue mich daher sehr, dass sich prominente Schauspieler hierfür engagieren und ein Zeichen für mehr Zivilcourage setzen."

In den vergangenen Jahren ist bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt nicht nur für Berlin, sondern auch auf Bundesebene vieles erreicht worden. Das "Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung" (Gewaltschutzgesetz) ist seit Januar 2002 in Kraft, der Berliner Aktionsplan zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt wurde im März 2002 verabschiedet und läuft bis 2006. Außerdem gibt es in Berlin seit dem 15. Februar 2003 die Möglichkeit des polizeilichen Platzverweises eines Gewalttäters aus der gemeinsamen Wohnung.

Trotz des deutlich verbesserten Opferschutzes ist häusliche Gewalt nicht zurückgegangen. Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgelegten Daten zur Sicherheit und Gesundheit von Frauen belegen dies nachdrücklich. Um so wichtiger sind Öffentlichkeitskampagnen, die zur Information und Sensibilisierung von allen Teilen der Bevölkerung beitragen.

Fotos vom Auftakt der Plakataktion finden Sie im Internet unter:
www.berlin.de/senwiarbfrau
www.berlin.de/senwiarbfrau/grafif

Hintergrundinformationen:
Erste repräsentative Studie zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend):
40 % der befragten Frauen in der Bundesrepublik haben seit dem 16. Lebensjahr sexuelle und/oder körperliche Gewalt erfahren (37% körperliche Gewalt,13% sexuelle Gewalt). 99% der befragten Frauen gaben männliche Beziehungspartner als die gewaltausübenden Partner an. Damit liegen die Zahlen für die Bundesrepublik höher als für Finnland (30%) oder Schweden (25%).

Registrierte Fälle häuslicher Gewalt der Berliner Polizei:
Im Jahr 2001: 4.166 Fälle, im Jahr 2002: 7.552, im Jahr 2003:10.371 Fälle.
Im Jahr 2003 wurde in 1.036 Fällen vom polizeilichen Platzverweis eines Täters aus der Wohnung nach § 29 a ASOG Gebrauch gemacht.
Zahlen aus dem 1. Halbjahr 2004 ergeben: 5.109 gemeldete Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei und 528 polizeiliche Wegweisungen des Täters.

Unterstützungsangebote:
Jährlich finden knapp 2.000 Frauen und Kinder in den sechs Berliner Frauenhäusern und den 40 Zufluchtswohnungen Schutz, Hilfe und Beratung. Die Big-Hotline bietet seit fünf Jahren telefonische Hilfe und Erstberatung für die Betroffenen und konnte mehr als 24.000 Anruferinnen und Anrufer beraten. Bei etwa der Hälfte der eingehenden Anrufe wurde das Angebot der Hotline durch betroffene Frauen selbst in Anspruch genommen. Die andere Hälfte der Anrufer/innen waren Verwandte, Freund/innen oder Nachbar/innen sowie Mitarbeiter/innen anderer Projekte oder Institutionen.
Big-Hotline: 030/611 03 00 (täglich 9:00 - 24:00 Uhr).

Lebenssituation der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen:
Das durchschnittliche Alter der Frauen lag bei 35 Jahren, wobei die jüngste Anruferin 14 und die älteste 94 Jahre alt war. Bei 1.551 Anrufen waren Kindern mit von Gewalt betroffen, in 38 % waren es zwei oder mehr Kinder. Bei etwa einem Drittel der betroffenen Frauen kamen erschwerend körperliche Einschränkungen / Behinderungen (5%), Krankheit (6%), Sucht (3%) und Psychiatriebetroffenheit (9%) hinzu. 7% berichteten von aufenthaltsrechtlichen Problemen.

Gewalterfahrungen
97% der Gewalttäter waren Männer. Eine akute Gefährdung bestand zum Zeitpunkt des Anrufes bei 24% der Frauen und deren Kindern. Bei 25 % der zur Kenntnis gelangten Fälle von häuslicher Gewalt war dabei schon ein Polizeieinsatz erfolgt Die häufigste Form der gegen die Frauen ausgeübten Gewalt war psychische Gewalt (77%), direkt gefolgt von physischer Gewalt (66%), aber auch sexuelle Gewalt (6%) wurde benannt.

Mobile Intervention
Seit Beginn der Mobilen Intervention im Mai 2001 fanden ca. 600 mobile Einsätze durch Mitarbeiterinnen der BIG-Hotline statt. Deutlich häufiger als bei der telefonischen Beratung (9%) war bei der mobilen Intervention Sprachmittlung erforderlich (25%). Die genannten Zahlen der BIG Hotline beziehen sich auf das Jahr 2004.
Weitere Auswertungen finden Sie in der aktuellen Broschüre: "5 Jahre Hilfe für Frauen und deren Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind" und im Internet unter: www.big-hotline.de

Quellen: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend


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Beitrag vom 01.12.2004

AVIVA-Redaktion